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Ein Geschäftsessen in Russland. Der deutsche Vertriebskollege ist mehr als gesättigt, aber sobald er seinen Teller leer gegessen hat, bekommt er ihn großzügig wieder aufgefüllt. Höflich isst er die nächste Portion auf – und bekommt wieder eine neue.

Was er nicht weiß: Würde er einen Rest Essen auf dem Teller zurücklassen, würde das seinen Gastgebern signalisieren, dass sie einen guten Job gemacht haben, denn es gibt mehr Essen, als der Gast schaffen kann. Die gesamte Portion zu essen bedeutet: Ich nehme noch was. In Deutschland hingegen ist das Leeressen des Tellers eine Geste der Höflichkeit.

Mit unserer Career-to-go-Reihe beleuchten wir verschiedene Karrierethemen für dich und geben hilfreiche Tipps für den Alltag in kompakter Form – quasi für unterwegs! Heute: interkulturelle Kompetenz

Meeting

Interkulturelle Kompetenz bedeutet nicht nur, derartige Situationen oder auch Fettnäpfchen zu vermeiden. Personen, die sich im Land und in der Kultur des Geschäftspartners auskennen, wirken professionell und höflich – und schließen unter Umständen den besseren Geschäfts-Deal ab. Sie bringen nicht nur die Kenntnis über andere Sitten und Gebräuche mit, sondern wurden auch speziell dafür trainiert, sich in bestimmten Situationen so zu verhalten, dass sie keine Irritationen auslösen.

Das passiert leicht: bei der Begrüßung, im Meeting, beim Smalltalk oder eben beim Essen. In manchen Ländern ist es schon entscheidend, ob man bestimmten Personen direkt in die Augen schaut oder nicht. All das muss man wissen, wenn man mit ausländischen Geschäftspartnern agiert. Je fremder ein Land ist, desto weniger kennt man die vielen ungeschriebenen Regeln und Codes, die uns im eigenen Land so geläufig sind, dass wir es nicht mal merken. In anderen Ländern gibt es aber unter Umständen ganz andere kulturelle Codes. Unternehmen schulen daher ihre Mitarbeiter, die in fremde Länder reisen, damit sie sich im dortigen Wertesystem zurechtfinden.

Einige Beispiele: In China und anderen asiatischen Ländern ist Pünktlichkeit ebenso wichtig wie in Deutschland. Woanders aber nicht: In manchen Ländern kann man sich durchaus auch mal für „nachmittags“ verabreden – das reicht als Zeitangabe. In Japan werden beim ersten Treffen Visitenkarten ausgetauscht, und zwar mit einer Verbeugung. Erst wenn alle Visitenkarten entsprechend der Hierarchie der Anwesenden auf dem Tisch ausgelegt wurden, darf man sie einstecken. In einigen europäischen Ländern kommt man in Gesprächen nicht so zügig auf den Punkt wie in Deutschland – hier gehen ausgiebige Unterhaltungen und Programmpunkte dem eigentlichen Business-Gespräch voraus. Die deutsche Art, relativ zügig zum Thema zu kommen, würde dort anecken.

Der niederländische Kulturforscher Geert Hofstede hat interkulturelles Verhalten untersucht. Er hat dabei sechs Bereiche identifiziert, an denen sich Unterschiede zwischen den Kulturen besonders gut ablesen lassen:

  • Machtdistanz: Wie stark sind Hierarchien ausgeprägt?
  • Individualismus vs. Kollektivismus: Ist in dieser Gesellschaft das Individuum oder die Gruppe wichtiger?
  • Maskulinität vs. Feminität: Wie stark orientiert sich diese Kultur am traditionellen Rollenmodell?
  • Unsicherheitsvermeidung: Wie stark fühlen sich die Mitglieder dieser Kultur von unsicheren Lebenssituationen bedroht?
  • Langfristige vs. kurzfristige Ausrichtung: Setzt diese Gesellschaft eher auf langfristige Planung oder auf kurzfristige Erfolge?
  • Genuss vs. Beherrschung: Wird Arbeit sehr ernst genommen oder geht man eher entspannt dran?

Wenn ihr an eine Geschäftsreise, einen Austausch, einen Urlaub oder auch nur an ein Telefonat mit einem nicht-deutschen Gesprächspartner denkt: Seid ihr auch schon mal angeeckt? Habt ihr kulturelle Unterschiede festgestellt? In welche Kategorie des Hofstede-Modells könnte man das vielleicht einordnen?

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