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Im Hinblick auf den Fachkräftemangel müssen Maschinen immer einfacher bedienbar sein. Wir haben zwei Softwareentwickler interviewt, die in einem Projekt unter anderem die Bedienoberflächen programmiert haben. Wie das funktioniert und worauf man achten muss, erfahrt ihr im Beitrag.

Steffi: Ihr beide seid bei einem Projekt dabei, in dem es um Bedienoberflächen von Maschinen im Zeitalter der Industrie 4.0 geht. Erzählt mal, worum geht es da genau?

Wjatscheslaw: Gerade im Hinblick auf Industrie 4.0 werden die Maschinen immer moderner und komplexer. Damit jeder Maschinenteil weiß, was er zu tun hat, und jeder Artikel da hingeschickt wird, wo er bearbeitet werden soll, wird ein Leitsystem benötigt. Das sorgt übergeordnet für die Kommunikation zwischen den einzelnen Stationen einer Maschine. Wir designen und entwickeln dieses Leitsystem. Dazu gehören natürlich auch die Oberflächen für die Bediener an der Maschine. Unser Leitsystem basiert auf einer Plattform, die wir ebenfalls entwickelt haben. Darauf programmieren dann die Maschinenentwickler die verschiedensten Applikationen. Da ist das Leitsystem nur eine von, wenn auch die komplexeste.

Lutz: Dann erklärt doch mal für uns Nicht-Entwickler: Wie können wir uns diese Plattform vorstellen?

Dennis: Eine Software-Plattform kann man mit einem Fertighausprinzip vergleichen. Es besteht aus einem Fundament und den Grundmauern. Wie die Räume geschnitten sind oder wie viele Etagen das Gebäude hat, wird in dem konkreten Projekt ausgearbeitet.

Lutz: Das heißt, ihr seid die Entwickler für die Entwickler?

Softwareentwickler bei der Arbeit
Auf dem linken Bildschirm die Programmierung, auf dem rechten Bildschirm die Ansicht für den Bediener an der Maschine

Wjatscheslaw: Ja genau (lacht). Wir entwickeln einen Werkzeugkasten für die Kollegen, die damit unterschiedlichste Applikationen erstellen können. Wir bauen den Rahmen dafür, dass sich die Kollegen auf die Entwicklung und Inbetriebnahme von Stationen an einer Maschine konzentrieren können. Die Kollegen können sich aus dem Werkzeugkasten bedienen und z. B. unsere Verwaltung von Fertigungsaufträgen benutzen oder den Prozessdurchlauf darüber steuern. Was die Applikationsentwickler letztendlich noch machen müssen, ist die Anpassung an das gewünschte Verhalten der Maschine.

Steffi: Was hat es mit den Bedienoberflächen auf sich?

Wjatscheslaw: Am Anfang lag der Fokus eher auf der Produktionsfähigkeit einer Maschine. Wenn die Maschine nicht läuft, bringt auch die schönste Oberfläche nichts. Deswegen ging es erstmal darum, dass die Maschine läuft und produziert.

Dennis: Irgendwann haben wir uns dann mit den Maschinenbedienern zusammengesetzt und gemeinsam die bereits vorhandenen Oberflächen bewertet. Wir haben Fragen gestellt wie: Was gefällt euch daran und was nicht? Was ist zu kompliziert? Was können wir besser machen? Da haben wir auch mal Feedback bekommen, wie „Das sind mir zu viele Knöpfe“. Dann mussten wir schauen, was wir tun können, damit dieser Bediener nicht unnötig viele Knöpfe bedienen muss.

Wjatscheslaw: Eine Anlage muss bedienbar sein wie ein CD-Player. Ich brauche Play bzw. Pause und Stopp, so muss das auch in einer modernen Anlage funktionieren. Auch wenn die Maschine im Hintergrund hochkomplex ist, muss sie einfach und intuitiv bedienbar sein. Wenn die Mitarbeiter flexibel eingesetzt werden, muss der Einarbeitungsaufwand gering bleiben. Hierbei sind intuitiv bedienbare Oberflächen ein großer Pluspunkt. Und am besten an jeder Maschine einheitlich. Egal, ob ich einen Handarbeitsplatz habe oder eine 20 Meter lange hochmoderne Industrie 4.0-Superanlage.

Steffi: Wie oft findet so ein Austausch mit den Bedienern statt?

Dennis: Das kann man gar nicht so genau sagen. Am Anfang natürlich öfter. Meistens hat es geholfen, die Bediener zu beobachten. Die konnten nämlich nicht immer im Detail sagen, was ihnen nicht gefällt. Erst wenn man danebensteht, bemerken wir, dass z. B. ein Knopf lange gesucht wird. Wir haben auch mal Videos aufgenommen, um die Arbeitsabläufe der Bediener zu verstehen. Was dabei rausgekommen ist, haben wir dann wiederum in die Oberflächen eingearbeitet. Mittlerweile tauschen wir uns nicht mehr so oft aus, da wir einen Stand erreicht haben, womit die Bediener zufrieden sind.

Steffi: Entwickelt ihr nur für die Standorte in Deutschland oder auch für internationale Standorte?

Dennis: Die Plattform haben wir bereits auch an andere Standorte rund um die Welt gebracht. Ich war bisher in Indien, China und Polen, um dort Applikationen in Betrieb zu nehmen. Dort habe ich die Kollegen abgeholt und sie geschult.

Lutz: Gibt es kulturelle Unterschiede, die dazu führen, dass du die Software anders programmieren musst?

Dennis: Große Unterschiede. Allein die Sprache ist ja schon eine Hürde. In China z. B. können Viele kein Englisch und von der chinesischen Sprache gibt es auch viele Varianten. Wir haben uns dann auf eine Variante geeinigt und bieten jetzt zusätzlich in der Oberfläche eine alternative Sprache. Dies muss in der Entwicklung der Oberflächen berücksichtigt werden, da Begriffe in den unterschiedlichen Sprachen auch unterschiedlich lang sein können. Anfangs war alles komplett auf Englisch. Wir sind ein internationales Team und haben z. B. auch polnische Entwickler. Da hat halt jeder Englisch verstanden. In der Produktion ist das jedoch problematisch. Aus diesem Grund mussten wir eine Möglichkeit schaffen, alternative Sprachen anzuzeigen.

Steffi: Ihr habt nach Scrum gearbeitet. Wie lief das ab?

Wjatscheslaw: Ich habe mich als Scrum Master zertifizieren lassen und habe dann den Scrum Prozess hier im Projekt begleitet. Es ging darum, auf die Einhaltung der Regeln und Rollendefinitionen zu achten, gemeinsam Maßnahmen abzuleiten und die ebenfalls zu beachten. Es ist wichtig, dass alle den Prozess leben. Das stetige Reflektieren und das Umsetzen von Verbesserungsmaßnahmen führten dazu, dass mittlerweile vieles davon in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Eine einfache Bedienung ist das A und O an einer Maschine

Es gab Sprints, in denen die Oberflächen nach und nach entwickelt worden sind. Innerhalb dieser Sprints erstellten wir meist Entwürfe, mit denen wir dann Feedback bei den Bedienern eingeholt haben. Mit den Anmerkungen und Verbesserungsvorschlägen haben wir unsere Oberflächen stetig verbessern können. Mittlerweile arbeiten wir nach Kanban in Kombination mit einem schlanken Release-Prozess. Damit können wir flexibler auf die individuellen Anforderungen reagieren. Die Lösungen stellen wir regelmäßig in Form von Releases zur Verfügung.

Steffi: Wie lange läuft das Projekt noch?

Dennis: Das Projekt ist eigentlich nie zu Ende. Wir werden stetig mit neuen Herausforderungen konfrontiert. Es wird immer neue Anforderungen geben, die wir dann umsetzen dürfen.

Steffi: Dann wünschen wir euch weiterhin viel Erfolg und bedanken uns für das Interview.

Über die Autoren

Wjatscheslaw Sujev (links), 31 Jahre alt, und Dennis Beuchler, 27 Jahre alt, arbeiten beide als Software-Entwickler bei Phoenix Contact. Sie wurden interviewt von Stefanie Theil und Lutz Odewald. Besucht uns gerne auf LinkedIn oder Xing. Unsere Profile verstecken sich hinter den Links auf unseren Namen.

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