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Seit rund zweieinhalb Jahren leitet Stephan Volgmann die deutsche Vertriebsgesellschaft bei Phoenix Contact. In dieser Zeit hat er die Organisation durch die Pandemie geführt und gleichzeitig die Herausforderungen eines starken Wachstums gemanagt. Eine Zeit, in der sich Führungsverständnis und Führungsverhalten in der Praxis besonders beweisen mussten. 

In diesem Beitrag aus der Reihe „Führung im Fokus“ teilt Stephan Volgmann seine Sichtweisen und Haltungen. Insbesondere ein vertrauensvolles Miteinander und eine durch Eigenverantwortung geprägte Kultur liegen ihm am Herzen. Wie er dies gemeinsam mit dem Team gestaltet, lesen Sie hier.

Wie hat sich Führung deiner Ansicht nach verändert?

Stephan Volgmann: Zunächst einmal hat sich unsere Welt stark verändert. Seit Jahren erleben wir einen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel. Die Gleichzeitigkeit der Krisen hat diese Entwicklung beschleunigt und führt wie nie zuvor zu kontinuierlichen Belastungssituationen für die Mitarbeitenden. 
Diesen Wandel spüren wir auch in der Führung. In einer Zeit, in der Unsicherheit herrscht, ist es umso wichtiger, Stabilität, Halt und Orientierung zu geben. Wir setzen auf unsere Grundwerte, die uns diesen Halt geben: Ein partnerschaftlicher, vertrauensvoller und unterstützender Umgang mit Kunden und Mitarbeitenden. 

Was genau bedeutet das für Führung? 

Stephan Volgmann: Führungskräfte müssen heute ganz anders in ihre Teams reinhorchen. Sie müssen die Menschen anders mitnehmen, Transparenz schaffen und für Verständnis sorgen. Aber eben auch motivieren, selbst Entscheidungen zu treffen und Themen zu entwickeln und auszuarbeiten. Führung im Sinn des Top-down-Ansatzes ist nicht mehr zeitgemäß.

Macht ein solcher Ansatz die Dinge nicht auch komplexer?

Stephan Volgmann: Nein, im Gegenteil. Denn als Team delegieren wir die Entscheidungen dorthin, wo sie fachseitig am besten und damit auch am schnellsten getroffen werden können. Aufgabe der Führungskraft in diesem Szenario ist: Gemeinsam mit den Mitarbeitenden den Freiraum ausloten und geben. Die Entscheidungen, die dann getroffen werden, vollkommen unterstützen und mittragen. Völlig klar ist: Wer entscheidet, kann auch falsch liegen. Aber am Ende trägt die Organisation die Verantwortung für die Entscheidung. Deshalb ist es wichtig, dass wir uns alle klar darüber sind: Im Fokus steht die Verantwortung, die wir alle für uns selbst, aber auch füreinander haben. 

Wie beschreibst du deinen eigenen Führungsstil?

Stephan Volgmann: Ich glaube und arbeite daran, dass Menschen und Organisationen Verantwortung übernehmen müssen und sollen. Ich bin davon überzeugt, dass die Mitarbeitenden in den Fachabteilungen die besten Entscheidungen für uns fällen. Denn nur sie haben die Expertise. Ich möchte vermeiden, dass Entscheidungen ausschließlich hierarchisch getroffen werden, denn dann sind wir zu kopflastig. 

Was macht eine Organisation in solchen unsicheren Zeiten erfolgreich? 

Stephan Volgmann: Wir brauchen Geschwindigkeit, Flexibilität und Innovation. Wenn wir möchten, dass unser Unternehmen erfolgreich ist, müssen wir den Menschen Freiräume geben, sich zu entwickeln, sich zu verbinden und eigeninitiativ zu denken und zu handeln. Wir müssen es möglich machen und sie in die Lage versetzen, ihre Themen und Ideen zu realisieren. Um dies jedoch Wirklichkeit werden zu lassen, sind wir alle aufgefordert, Verantwortung zu übernehmen und Eigeninitiative zu zeigen.

Wie sieht das konkret in der Umsetzung aus?

Stephan Volgmann: Meine Aufgabe ist, hier einen Rahmen und eine Orientierung zu geben. Das Management muss sich mehr zurückziehen und lernen zu vertrauen. Es muss sich auf den besagten Rahmen konzentrieren und wieder mehr die Führungsrolle wahrnehmen. Ich gebe mir die größte Mühe, alle einzubeziehen und mitzunehmen. Eine Organisation will heute wissen, warum sie sich in eine bestimmte Richtung aufmachen soll. Die Menschen möchten vor allem ein sinnvolles Ziel hinter den Entscheidungen erkennen.
Weiter sollte der Job aller Führungskräfte sein, das Potenzial ihrer Mitarbeitenden zu aktivieren. Sie darin zu bestärken, ihre Ideen einzubringen und zu prüfen, ob sie in den Rahmen passen. Wie mache ich das selbst? Ich höre gern zu, möchte in erster Linie verstehen und hinterfrage natürlich auch.
Passt die Idee in den Rahmen und in die Zeit, konkretisieren wir sie. Wir beleuchten sie von allen Perspektiven, holen uns Feedback. Nicht zuletzt nutzen wir unsere Netzwerke, um Menschen zusammenzubringen und geben wertvolle Tipps. 
Meine Rolle gleicht eher der eines Coachs, der seine Mannschaft ermutigt, das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Und das kann nur in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Expertinnen und Experten gelingen. Die Fähigkeiten der Menschen hier sind so vielseitig und wertvoll – wir sollten sie besser nutzen. Schließlich stellen wir Menschen ein, nicht damit wir ihnen sagen, was sie tun sollen, sondern damit sie uns sagen, was wir tun sollen. 

Wie (er)lebst du deinen Freiraum?

Stephan Volgmann: Ich schätze den Freiraum, den ich als Geschäftsführer habe. Ich empfinde ihn als motivierend und inspirierend, denn er erzeugt ein kreatives und innovatives Umfeld. Ideen werden geteilt, diskutiert und gemeinsam entschieden. Ich bin davon überzeugt, dass wir die besten Entscheidungen für das Unternehmen im Konsens treffen. Aus der Erfahrung kann ich sagen, dass dies auch funktioniert. 
Jedes Mal begeistert mich, wie fokussiert und zielgerichtet die Kolleginnen und Kollegen zusammenarbeiten. In vielen – teilweise herausfordernden – Situationen habe ich beobachtet, dass Dinge in die Hand genommen werden und das Notwendige getan wird. Da wartet niemand auf einen offiziellen Auftrag, das war oft gesunder Menschenverstand. Im positivsten Sinn der Sache haben die Mitarbeitenden ihre Freiräume genutzt. Das ist ein Spirit, der mich begeistert und darin bestätigt, diesen Weg weiterzugehen.

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Weitere Ansichten von Mitarbeitenden zu den Themen Führungs- und Fehlerkultur lest ist hier: Fehlerkultur bei Phoenix Contact – vier Perspektiven

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