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Durchhaltevermögen und Zielstrebigkeit mit einer großen Portion Kreativität und ein bisschen Glück haben ihren Weg begleitet. Frauke Reinders arbeitet als Ingenieurin bei Phoenix Contact in der Entwicklungsabteilung der Manufacturing Solutions, dem internen Werkzeug- und Maschinenbau.

„Warum ich gerne Ingenieurin bin“ – so heißt unsere neue Reihe, in der wir euch Ingenieurinnen von Phoenix Contact vorstellen. Sie berichten aus ihrem Berufsalltag und erläutern ihre Beweggründe, wieso sie sich für die Laufbahn in einem technischen Beruf entschieden haben. Wir möchten damit einen Beitrag dazu leisten, dass die Technik in Deutschland weiblicher wird.

Aufgewachsen bin ich im Ruhrpott, genauer gesagt in Marl, das einige vielleicht durch den Grimme-Preis kennen, der dort verliehen wird. Aber Marl ist auch die Stadt mit dem sechstgrößten Chemiepark Deutschlands, wobei meine Eltern beruflich eher mit dem zweiten Standbein der Stadt, dem Steinkohlebergbau, verbunden waren und keiner von beiden Ingenieur ist. Von meinem Vater habe ich in vielen Projekten (vom ferngesteuerten Auto bis zum Lenkdrachen) eine Menge Alltagsnaturwissenschaft gelernt. Meine beruflich erfolgreiche Mutter hat mir gezeigt, dass Familie und Karriere gleichzeitig möglich sind. Auch wenn meine Eltern selbst nicht studiert haben und die Chemie für meine Mama wohl ein böhmisches Dorf bleiben wird, haben sie mich immer auf meinem Weg unterstützt.

In der Schule waren Mathe und Chemie zwar meine Lieblingsfächer, aber ich war auch im musikalischen und kreativen Bereich sehr gern unterwegs und hätte auch gern Design studiert. Hier haben mir meine Eltern abgeraten, da sie meinten, dass es mit einem Ingenieurstudium wohl leichter würde, einen guten Job zu finden. Heute begreife ich Kreativität auch als Schlüsselkompetenz für meinen technischen Beruf und alles an Kreativität, was im Beruf nicht mehr unterzubringen ist, wird im nächsten Handarbeits-, Werkel- oder Kochprojekt umgesetzt. Dabei unterstützen mich tatkräftig mein Mann und unser zweijähriger Sohn, mit denen ich heute in Paderborn lebe.

Neue Herausforderungen suchen

Mein Wunsch nach dem Abitur war es, etwas mit Chemie zu machen, wo man nicht die ganze Zeit im Labor herumstehen muss, und so bin ich an der TU Dortmund beim Chemieingenieurwesen (Verfahrenstechnik) gelandet. An der Fakultät hatten wir 2007 einen Frauenanteil von etwa 40 % und ich kam mir nie als etwas Besonderes vor. Das Studium ist sicher kein Zuckerschlecken, aber mit dem nötigen Durchhaltevermögen und einer guten Portion Ehrgeiz war es eine großartige Zeit. Hier manifestierte sich auch mein großes Interesse an der Werkstoffklasse der Kunststoffe, die ich bis dahin nur im Baumarkt bei den Kunststoffboxen auslebte (andere Frauen sammeln eben Schuhe oder Handtaschen ;-)). Von der kostengünstigen Möglichkeit, unsere Lebensmittel sicher vor Umwelteinflüssen zu schützen (z. B. Nudelpackung), bis zum Hightech-Sportschuh mit Carboneinlagen zeichnen sich Kunststoffe durch vielfältigste Eigenschaften aus.

Da ich mich nach meinem Master gern in einem verfahrenstechnischeren Umfeld weiter vertiefen wollte, als das in Dortmund zu dem Zeitpunkt möglich war, bin ich an die Universität Paderborn gewechselt, zum Lehrstuhl für Kunststoffverarbeitung. Hier war ich durch meine chemischen Vorkenntnisse eine willkommene Ergänzung und konnte noch einiges rund um die vielseitige Verarbeitbarkeit von Kunststoffen lernen. Wusstet ihr beispielsweise, dass man aus Rindervollblutmehl ein zugegebenermaßen nicht ganz so lecker riechenden elastischen Kunststoff herstellen kann? Durch das Schreiben meiner Doktorarbeit, Vorträge auf internationalen Konferenzen und die Arbeit mit Studierenden (Betreuen von Abschlussarbeiten und Lehre) habe ich viele wertvolle Erfahrungen gesammelt, die mir heute im Alltag helfen. Durch gemeinsame Forschungsprojekte und die Betreuung dualer Studierenden lernte ich das Unternehmen Phoenix Contact kennen.

Täglich über den eigenen Tellerrand schauen

Ingenieurin Frauke Reinders bei der mobilen Arbeit
Mobiles Arbeiten mit Unterstützung: Katze Zora hat schon den ein oder anderen Teams-Termin aufgelockert

An meinem Job liebe ich die Vielseitigkeit und die Möglichkeit, jeden Tag ein Stück über mich hinauszuwachsen und den eigenen Horizont zu erweitern. Im internen Werkzeugbau unterstütze ich die Gruppe Prozess Development im Bereich Advanced Technology. Wir entwickeln Prozesse und untersuchen neue Technologien für die gesamte Phoenix Contact-Gruppe. Dabei hat jeder seine eigenen Schwerpunkte. Von der Entwicklung von Automationslösungen über LEAN-Projekte in der Produktion (aber auch mehr und mehr in den administrativen Bereichen) oder eigene KI-Lösungen bis zu eigens entwickelten Produktionstechnologien, die von uns bis in die Großserie begleitet und umgesetzt werden, ist für jeden etwas dabei.

Meist arbeiten meine Kollegen und ich dabei als Projektleiter in interdisziplinären Teams, bei denen Kommunikation und Einfühlungsvermögen Schlüsselkompetenzen zum Erfolg sind. Häufig stehen wir aber auch selbst an den Maschinen, führen Untersuchungen und Auswertungen durch oder entwickeln Lösungen am Rechner. Zu meinen bisher spannendsten Projekten gehören die Unterstützung des Serienanlaufs einer Schlüsselkomponente des HPC-Steckers (High Power Charger) von Phoenix Contact E-Mobility und der Aufbau einer Entwicklungsplattform für Lasersinterprozesse zusammen mit der Protiq GmbH. Immer wieder gibt es auch spannende Projekte in den verschiedenen Kunststoffproduktionen oder bei der Werkzeugqualifizierung, bei der wir klären müssen, warum die gewohnte Qualität unserer Artikel gerade nicht passt.

Nachhaltig und wertschöpfend sein

Nachdem ich Anfang des Jahres nach meiner Elternteilzeit wieder Vollzeit eingestiegen bin, habe ich nach einem neuen Themenschwerpunkt für mich gesucht und diesen in der Nachhaltigkeit gefunden. Als Gruppe arbeiten wir schon über ein Jahrzehnt daran, effizienter zu werden und neue und nachhaltigere Wege für unsere Produktion zu finden: von Energieeffizienzprojekten über Werkerassistenzsysteme in der Produktion, die für weniger Fehler und höhere Qualität sorgen, bis zur Unterstützung des weltweiten Rollouts an Remote-Assist-Systemen, die Dienstreisen in vielen Fällen unnötig machen und so direkte CO2-Emissionen einsparen.

Dabei ist es mir ein persönliches Anliegen, aufzuklären und zu zeigen, dass Kunststoff keine größere Umweltsünde ist als andere Werkstoffklassen. Ich finde es persönlich sehr schade, dass man keine eingeschweißten Gurken mehr im Supermarkt bekommt, denn die haben bei mir im Kühlschrank einfach drei entscheidende Tage länger gehalten. Wichtig ist natürlich, mit allen Ressourcen verantwortungsbewusst umzugehen, nicht verschwenderisch zu sein (auch nicht mit den armen Gurken) und Abfälle korrekt zu entsorgen oder bestenfalls wiederzuverwerten.

Frauenpower und Stärke durch Diversität

Mir ist es wichtig, dass Frauen in technischen Berufen keine Minderheit bleiben und ich freue mich sehr, dass wir bei Phoenix Contact hier ein eigenes Netzwerk haben, das für dieses Interesse steht. Es bietet eine Plattform für Austausch und gegenseitiges Unterstützen bei alltäglichen Projekten und Themen. Einige meiner Kolleginnen kennt ihr schon aus der Blogreihe: Stefanie, SarahAnnaKatrin, Senta und Sophia.

Wir stellen in Schulprojekten und bei Hochschultagen immer wieder uns und unsere Berufe vor, sind damit Vorbilder und zeigen Rollenbilder, die aktuell lauter sein müssen, damit sie gesehen und selbstverständlicher werden.

Auch mehr und mehr meiner männlichen Kollegen machen sich für Chancengleichheit und Diversität stark. Ich bejubele jeden Kollegen, der länger als zwei Monate in Elternzeit geht, und freue mich, dass hier auch mehr und mehr für ihr Recht als Vater einstehen und sich in der spannenden Familienzeit stärker einbringen. Erst wenn wir Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen anstreben, werden wir uns gesellschaftlich weiterentwickeln. Es freut mich, dass Phoenix Contact hier zukunftsorientiert den Mitarbeitenden flexibel entgegenkommt und hoffe, dass auch die Politik bald erkennt, dass es an einigen Punkten bei der Gleichstellung noch Handlungsbedarf gibt.

Ich habe schon viel erreicht und bin stolz auf das, was ich geschafft habe. Mein Ziel ist es, als Ingenieurin die Welt nachhaltig zu verbessern und positive Spuren zu hinterlassen. Eine neue Herausforderung wartet bestimmt schon hinter der nächsten Ecke.

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