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Als ich gebeten wurde, den Nutzen von Working Out Loud für Unternehmen zu beschreiben, habe ich kurz überlegt, welche Zahlen, Daten und Fakten ihn am besten belegen. Da wir aber dazu tendieren, uns Zahlen, Daten und Fakten nicht gut merken zu können, habe ich mich für einen anderen Weg entschieden. Dafür muss ich jedoch etwas weiter ausholen.

In unserer kurzen Reihe zum Thema Working Out Loud erklären wir euch die Methode und lassen einige Mitarbeiter von ihren Erfahrungen berichten. Heute erklärt euch Melanie den Nutzen von Working Out Loud für Unternehmen. Wenn du zunächst wissen möchtest, was überhaupt hinter der Methode steckt, lies am besten erstmal diesen Blogbeitrag.

Das Beispiel Blockbuster1 

Das 1985 gegründete US-Unternehmen Blockbuster war ein Anbieter von Heimkino- und Videospielverleihdiensten. Noch im Jahr 2002 verfügte es weltweit über 10.000 Geschäfte. Wie ist es möglich, dass es im Jahr 2010 Konkurs anmelden musste? 

Die kurze Antwort lautet: Das digitale Zeitalter ist eingetreten und Netflix hat das Geschäftsmodell von Blockbuster gestört. Die umfassendere Erklärung ist, dass Blockbuster seine Denkweise nicht geändert hat, um sich den Veränderungen in seinem Umfeld anzupassen.  

Um zu verstehen, was damit gemeint ist, müssen wir noch einen Schritt zurückgehen: Im Industriezeitalter wurde Erfolg durch die „Macht der Größenvorteile“ bestimmt. Henry Ford brachte die Denkweise mit dem Satz „Jeder Kunde kann ein Auto in jeder gewünschten Farbe haben, solange es schwarz ist“ auf den Punkt. Zur damaligen Zeit hatten die Arbeitskräfte wenig bis gar keine Ausbildung. Die Organisationen erteilten Managern die formale Autorität, ihre Mitarbeiter zu führen und zu kontrollieren. Arbeit wurde in Geschäftsfunktionen unterteilt, die in Einheiten (Silos) abgebildet wurden. Ziel der Geschäftseinheiten war es, die maximal funktionale Exzellenz bei möglichst geringen Kosten zu erzielen.

Informationen wurden innerhalb der Silos erfasst und nach oben gereicht, wo die funktionale Führungskraft die Entscheidungen traf. Informationen galten als Unternehmenswert und Wettbewerbsvorteil und daher kontroll- und schützenswert. Zusammenarbeit zwischen den Mitarbeitern fand nicht stand, denn jeder war für eine definierte Aufgabe verantwortlich. Vor dem Hintergrund der damaligen Herausforderungen und Ziele war die funktionale Hierarchie eine menschliche Errungenschaft. 

Sketchnote zu Working Out Loud

Die verpasste Chance 

Zurück zu Blockbuster: Geprägt vom jahrelangen Erfolg der Skaleneffekte glaubten sie, schnelles Wachstum sei der beste Weg zur Marktdominanz. Während Neueröffnungen und Übernahmen die Führungsspitze in Anspruch nahm, verloren sie die Kunden aus dem Blick. Aufgrund zu hoher Verspätungsgebühren nahm die Kundenzufriedenheit rapide ab. Damit öffnete Blockbuster Netflix die Tür für ein neues Geschäftsmodell. Netflix führte ein Pauschalaboservice ein, bei dem die Kunden eine feste Anzahl von DVDs erhielten und nicht mit Verspätungsgebühren belastet wurden. Zusätzlich übersah Blockbuster das Aufkommen von Streaming-Diensten. DVDs waren das zentrale Element ihrer Vision, ein Medienzentrum zu werden. Blockbuster nutzte zwar neue digitale Technologien, um ihr Geschäftsmodell zu verbessern, aber verpasste den Moment, ein neues Geschäftsmodell zu entwickeln. Es waren nicht nur die digitalen Innovationen, die Blockbuster besiegt haben. Ihr Umfeld änderte sich, aber ihre Denkweise nicht.

Mindset Shift 

Wir nennen dies auch „Mindset Shift“ oder Entwicklung eines „digitalen Mindsets“. Aber was genau ist damit gemeint? 

  1. Waren im Industriezeitalter noch Skaleneffekte das vorherrschende Ziel, wurden sie im digitalen Zeitalter vom Erfüllen der Kundenbedürfnisse abgelöst. Man spricht daher auch vom Zeitalter des Kunden.
  2. Fachkräfte sind heute gut ausgebildet und anspruchsvoller. Statt formaler Macht verleiht Vertrauen Autorität. Das entsteht, wenn die Führungskraft das Team beim Erreichen des gemeinsamen Ziels bestmöglich unterstützt und dabei die einzigartigen Fähigkeiten und Fertigkeiten der Teammitglieder erfolgreich einsetzt.
  3. Grenzen zu anderen Organisationseinheiten (Silos), Lieferanten, Kunden und auch Konkurrenten brechen auf und verschwimmen. Aus linearen Prozessen werden sich kontinuierlich verändernde Konfigurationen, mit der Absicht, immer die besten Fähigkeiten zur Erreichung eines Ziels zu nutzen.
  4. Starre Hierarchien werden abgelöst durch Netzwerke aus kompetenten, kreativen Fachkräften, die befähigt sind, im Rahmen von Unternehmensstrategie, kulturellen Werten und operativen Prinzipien Entscheidungen zu treffen und Innovationen zu entwickeln.
  5. Mitarbeiter benötigen dafür die erforderlichen Informationen, Tools und Skills. „Dynamisches Lernen“ ist das Stichwort, mit der die konstante Weiterentwicklung2 auf Basis zusätzlicher Informationen gemeint ist.
  6. Zusammenarbeit bedeutet, dass Menschen aus verschiedenen Einheiten ihre Sichtweisen und ihr Wissen teilen, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, ohne Sorge 3 vor negativen Konsequenzen haben zu müssen. 
Sketchnote zu Working Out Loud

Wie zahlt Working Out Loud darauf ein? 

Working Out Loud ist eine strukturierte Methode, die dabei unterstützt, ein digitales Mindset zu entwickeln4. Der Hebel: Netzwerkkompetenz aufbauen und Kollaboration fördern.  

Durchlaufen Mitarbeiter Working Out Loud, wird ihre Arbeit sichtbarer, selbstorganisierter und effektiver. Sie lernen, ihr Wissen zu teilen und so zur Verfügung zu stellen, dass andere daran anknüpfen können. Es geht dabei nicht um richtig oder falsch. Es geht darum, dazuzulernen und gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Die Erkenntnis reift, dass Wissen kein Zustand, sondern ein Prozess ist und so wird der Weg für dynamisches Lernen geebnet. Was wächst ist das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Ideen werden ausgesprochen, Fragen gestellt, Bedenken geäußert. Stück für Stück werden überlieferte Verhaltensmuster abgebaut, eine offenere Unternehmenskultur gefördert und dadurch die Basis für Innovationen geschaffen. 

Die Kosten-Nutzen-Analyse für Working Out Loud fällt positiv aus: Es braucht nicht viel Vorbereitung, keinen Coach oder Trainer und nimmt nicht viel Zeit in Anspruch (12 Wochen à 2 Stunden) – die Wirkung auf den Mindset Shift ist dagegen groß.  

Um zu Blockbuster zurückzukommen: Blockbusters Erfahrungen – ihr jahrelanger Erfolg – haben das Unternehmen davon abgehalten, die Situation richtig zu bewerten und auf die Veränderungen in ihrem Umfeld angemessen zu reagieren. Ein Mindset Shift, eine Veränderung der Denkweise als Reaktion auf Veränderungen im Umfeld, fand nicht statt.  

Working Out Loud bewirkt diesen Mindset Shift. Es lässt uns neue Erfahrungen sammeln, sorgt für Wissensaufbau und hat einen positiven Effekt auf die Unternehmenskultur. 

Lest unbedingt auch die Erfahrungsberichte der WOL-Absolventinnen Manolya und Juliane!

Quellen und weiterführende Informationen 

  1. Leading in the Digital Age, Boston University, Onlinekurs 30.04.2020-18.06.2020
  2. Growth Mindset: Carol Dweck
  3. Psychologische Sicherheit: Google Aristoteles Studie   
  4. Working Out Loud: Offizielle Website 

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1 Kommentare

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    Juliane Schulte-Brihmouche

    Zu Leading in the Digital Age, Boston University, Onlinekurs 30.04.2020-18.06.2020 – Der Kurs ist in ähnlicher Form im September über EDX – ab 16.09.2020 dort wieder im Programm.
    Und zum reinschnuppern, aus meiner Sicht, auch empfehlenswert.
    LG Juliane