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Phoenix Contact ist Hauptsponsor des Handball-Bundesligisten TBV Lemgo Lippe. Wie steht es beim TBV mit der Gewichtung von Führung und Freiraum? Von dieser Thematik erzählen Vertreter aus zwei Arbeitsbereichen, die für den Profibetrieb des TBV Lemgo arbeiten: dem Spielbetrieb und der Geschäftsstelle.  

Im Fokus der Aufmerksamkeit steht beim TBV natürlich die erfolgreiche Bundesligamannschaft. Bei den Heimspielen herrscht regelmäßig eine euphorische Stimmung in der Phoenix Contact Arena in Lemgo. Mehrere Fernsehsender übertragen die Spiele und die Atmosphäre.

Einer, der dies seit Jahrzehnten kennt, ist Florian Kehrmann. Er ist seit 2014 Cheftrainer der Profis und wurde 2021 in Nordrhein-Westfalen zum Trainer des Jahres gewählt. Er leitet die Mannschaft, die Trainer und die Betreuer und es ist nicht übertrieben, ihn eine Legende des deutschen Handballs zu nennen: Der gebürtige Neusser war Bundesliga- und Nationalspieler, wurde Welt- und Europameister und gewann bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen eine Silbermedaille. 

Anweisungen vs. Aufgaben

Die Balance zwischen Führung und Freiraum spielt bei seiner Arbeit eine entscheidende Rolle – einerseits für ihn persönlich als Mitarbeiter des TBV, andererseits als Chef eines Teams von 15 Vertragsspielern plus Trainer und Betreuer. Florian Kehrmann: „Ich bin hier beim TBV als Führungskraft angestellt, insofern muss ich für mein Tun selbstverständlich auch Rechenschaft ablegen – etwa vor dem Beirat. Bei meiner täglichen Arbeit bin ich aber sehr frei. Ich kann vieles selbst und innerhalb meines Teams mit anderen gestalten,“ beschreibt der 45-Jährige seinen Arbeitsalltag.

Er sieht verschiedene Arten von Führung: „Der eine gibt strenge, möglichst klare Anweisungen. Der andere verteilt Aufgaben, nennt Ziele und erwartet die Lösungen von den Mitarbeitenden, die dann selbst kreativ werden müssen. Meine Arbeit hat etwas von beidem: Ich versuche, die Spieler so zu führen, dass sie selbst die Lösung finden,“ beschreibt Kehrmann. „Wir haben die einfache Aufgabe, erfolgreich zu sein. In der Praxis bedeutet das aber jeden Tag harte Arbeit. Dazu zählt, junge Spieler zu entwickeln und zu besseren Spielern zu machen. Ihnen will ich auf der Basis meiner Erfahrung und durchdachten Vorgaben einen Weg ebnen. Dabei gibt es natürlich immer einen von der Führung gesteckten Rahmen, kein Teammitglied darf komplett ausscheren. Alle müssen an einem Strang ziehen – gemeinsam in eine Richtung arbeiten.“ Nur so seien die geforderten Spitzenleistungen des Teams möglich. 

An Fehlern wachsen

Genug Anreiz also, weiter hart für den Erfolg zu arbeiten. Kehrmann: „Die Vorgaben und Anleitungen der jüngeren Spieler erfolgen nicht nur durch mich allein, sondern auch durch erfahrene Führungsspieler, die in der Gruppe durch ihre Leistungen natürliche Autoritäten sind. In diesem Feld sollen sich die Einzelspieler entwickeln.“ Doch wie geht man mit Fehlern um, die ja im Bereich von Spitzenleistungen entscheidend sind. Kehrmann: „Natürlich ist es erlaubt, Fehler zu machen. Der Handball ist ein Fehlersport. Es passieren sehr viele Fehler. Aber Fehler sind auch Helfer. Man muss sie nutzen, sich hinterfragen und daraus lernen. Denn man kann immer wieder kleine Dinge verbessern und daran wachsen. Das ist der beste Weg, sich weiterzuentwickeln.“ Doch die Akteure brauchen auch Freiräume: „Am Ende des Tags ist Handball ein Spiel, das essenziell auch von spontanen, überraschenden Spielzügen lebt. Kreativität braucht Freiheit und Spaß an der Arbeit. Insofern kommt es auf die immer wieder aufs Neue auszutarierende Balance von Freiraum und Führung an,“ so Florian Kehrmann.

Dynamik braucht Freiraum

Damit auf der großen sportlichen Bühne alle Türen für den Erfolg geöffnet sind, bedarf es intensiver Arbeit im Hintergrund. In der Geschäftsstelle des TBV Lemgo kümmern sich zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter um die wichtigen Aufgaben zwischen den Spieltagen: Organisation und Finanzen, Merchandising, Marketing, Spieltagsorganisation, Ticketing, Vertrieb und Presse. Dort spielt das Thema Freiraum eine entscheidende Rolle. „Der Freiraum ist elementar, denn er macht Eigeninitiative möglich, und nur mit dieser können wir die Flut an Aufgaben bewältigen“, weiß Steffen Tegeler, Leiter des Bereichs Sponsoring Vertrieb. 

Die Aufgabenfülle und noch mehr die Schnelllebigkeit im Sportbereich verlangen nach eigenverantwortlichem Handeln. Folgerichtig herrscht in der Geschäftsstelle des TBV eine hohe individuelle Entscheidungsfreiheit. Anders wäre es nicht zu schaffen. Tegeler: „Man muss hier den Mut haben, ein Thema in die Hand zu nehmen und Entscheidungen zu treffen. Oder Entscheidungsvorlagen zu erarbeiten und nur letzte Sachen abzustimmen. Es funktioniert nicht, darauf zu warten, dass man einen Fahrplan bekommt. Die Anforderungen liegen schon da. Es geht für jeden von uns darum, sich die Themen zu schnappen und sie zu bearbeiten.“

Steffen Tegeler: „Mein Chef hat mir die Türen vom ersten Tag an weit aufgemacht. Ich habe viele Informationen bekommen und das schätze ich sehr. Das gibt mir Rückenwind. Zeitgemäße Führung bedeutet für mich, dass ich für meine Arbeit eine gewisse Selbstständigkeit bekomme – ergänzt von Leitplanken, Hilfestellungen und Ratschlägen.“ Das bestätigt auch Lennart Hundertmark, der Pressesprecher der Lemgoer: „Ich bekam von Beginn an Vertrauen geschenkt. Freiraum ist wichtig, gerade bei der Arbeit mit Social Media. Wenn alles nochmal vorgelegt, kontrolliert und freigegeben werden müsste, wäre ich in diesem Bereich zu eingeschränkt und zu langsam. Da ich hier aber recht frei agieren darf, kann ich selbstständig über Veröffentlichungen entscheiden, oder mir Rat bei einer Kollegin oder einem Kollegen holen. Letztendlich ist hier jeder für seinen Bereich hauptverantwortlich und darf Entscheidungen treffen. Das empfinde ich als ein kostbares Privileg.“

Freiraum gibt Platz für Erfolge

Offensichtlich hat der TBV mit dieser Arbeitsphilosophie einen Weg gefunden, der Erfolge bringt. Lemgo erreichte in der jüngsten Saison Platz 6 und damit die beste Platzierung des Vereins seit 13 Jahren. Möglicherweise wird es in der nächsten Saison auch internationale Spiele im europäischen EHF-Pokal geben. Dann tragen die Spieler den Schriftzug Phoenix Contact auf ihren Trikots erneut vor einem Millionenpublikum in aller Welt.

Fotos: Weib‘z Fotografie

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