Vom Studenten zum Auszubildenden
Schule, Ausbildung, Meister, evtl. ein Studium – so verläuft eine typische Karriere nicht nur in den technischen Berufen. Doch es kann auch anders kommen: Nils Overkamp hat nach dem Abitur 2015 ein Studium im Fach „Wirtschaftsingenieurwesen Maschinenbau“ in Paderborn begonnen. Nach einigen Semestern merkte er, wie er immer unzufriedener wurde. Anfang 2021 brach er das Studium schließlich ab und bewarb sich bei Phoenix Contact – „zunächst als Aushilfe, um zu schauen, wie ich da klarkomme“. Der 24-jährige kam gut klar, blieb und wird im September 2022 eine Ausbildung als Mechatroniker bei Phoenix Contact beginnen. Im Interview spricht Nils über seine Motive und Erfahrungen und gibt Tipps für jene, die einen ähnlichen Schritt erwägen.
Nils, warum hast du dich für den Abbruch deines Studiums entschieden?
Der Hauptgrund war, dass das Studium sehr theorielastig war und es quasi gar keine Praxis im eigentlichen Studium gab, nur in Projekten, die aber nicht gewertet wurden. Gut fand ich am Studium, dass man viel über die Grundlagen von technischen Geräten lernt. Aber ich wollte einfach mehr in die praktische Richtung gehen, nicht nur am Rechner sitzen oder im Büro, sondern auch an Maschinen arbeiten, mit der Technik an sich.
Wann kamen dir die ersten Zweifel, dass das Studium vielleicht nichts für dich ist, und wie viel Zeit hast du dir für diese Entscheidung gegeben?
Die ersten Gedanken kamen ungefähr ein Jahr, bevor ich abgebrochen habe. Das war schon ein relativ langer Entscheidungsprozess. Wirklich klar war es mir so drei Monate vor Semesterende. Und dann habe ich das noch zu Ende gebracht.
Deine Umorientierung geschah während der Hochphase der Corona-Beschränkungen. Inwiefern hat das deine Entscheidung beeinflusst?
Mein „Alltag“ bestand in dieser Zeit daraus, dass ich mich morgens vor den Laptop in die Vorlesung setzte, bis abends um 18 Uhr, immer alleine in der Einzimmerwohnung. Abends dann lernen, samstags und sonntags auch, zwischendurch mal eine Stunde alleine spazieren gehen. Das war quasi ein Härtetest, wo man merkt, ob ein Studium wirklich was für einen ist. Ohne Corona hätte ich das Studium vielleicht eher durchgezogen. Aber ich weiß nicht, ob ich vielleicht das Fach gewechselt oder am Ende einen anderen Job ergriffen hätte.
Hast du deine Entscheidung ganz alleine getroffen?
Ich habe mit Freunden darüber gesprochen. Das hat zum Teil geholfen, aber entschieden habe ich schließlich alleine. Meine Eltern habe ich damit auch mehr oder minder vor vollendete Tatsachen gestellt.
Wie haben deine Eltern auf deinen Entschluss reagiert?
So richtig begeistert waren sie natürlich nicht. Aber inzwischen sehen sie, wie viel zufriedener ich bin. Im Nachhinein würde ich aber empfehlen, die Eltern da mit einzubeziehen. Die haben einfach mehr Lebenserfahrung, das kann auch helfen.
Und was hat dein restliches Umfeld gesagt?
Manche fragen: „Wie kannst du nur deine Zukunft wegschmeißen?“ Dann antworte ich, dass die Zukunft ja nicht weg ist, ich lerne ja was Vernünftiges. Vielleicht verdiene ich später nicht ganz so viel Geld wie mit einem abgeschlossenen Studium. Aber wenn ich dafür 40 Jahre lang morgens glücklich aufstehen kann, ist mir das definitiv mehr wert.
Andere unterstützen mich vollkommen in meiner Entscheidung. Ich habe ja einen Teil des Studiums abgeschlossen und kann das theoretisch immer noch zu Ende bringen, oder ein anderes Studium machen neben dem Job. Und nach einer Ausbildung kann man auch weiter lernen, z. B. den Meister machen.
Was versprichst du dir dagegen von deiner Ausbildung?
Ich denke, dass es auf jeden Fall praxislastiger wird, dass ich an Maschinen arbeite und mehr im Bereich Elektronik mache, weil ich ja die Ausbildung als Mechatroniker mache und bewusst nicht als Mechaniker.
Ein duales Studium wäre für dich nicht in Frage gekommen?
Der Einstieg wäre in meinem Fach sehr schwer. Ich müsste entweder in einen höheren Jahrgang quer einsteigen und einige Ausbildungsinhalte nachholen oder das Ganze von Grund auf neu machen.
Was würdest du Studenten raten, die überlegen, einen ähnlichen Weg zu gehen?
Auf jeden Fall sollte man in den Semesterferien mal ein Praktikum, einen Ferien- oder Aushilfsjob im angedachten Bereich machen, um die Arbeit, das Unternehmen und die Leute kennenzulernen. Dann sollte man sich genau überlegen, ob es das ist, was man will.
Und dann sollte man sich möglichst frühzeitig bewerben, um eine Aushilfsstelle oder einen Übergangsjob bemühen. Nicht zuletzt, um einem zukünftigen Arbeitgeber zu zeigen, dass man das Studium nicht aus Faulheit geschmissen hat oder so. Sondern, weil man eben wirklich was anderes will.
Weitere Informationen zur Berufswahl sind z. B. in unserem Vergleich von Ausbildung und dualem Studium zu finden. Zusätzlich kann unser Berufswahl-Check bei der Entscheidungsfindung helfen.
Facebook, Instagram, Snapchat, TikTok – ohne die sozialen Medien geht heutzutage gar nichts mehr. Ich liebe es, auf den verschiedenen Kanälen unterwegs zu sein und mir Informationen und Inspirationen zu holen. Selbst schreibe ich gerne alles, was kein Literaturverzeichnis braucht. Außerhalb des Internets trifft man mich am ehesten beim Sport. Besucht mich auf LinkedIn.
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