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Sie steckt in Gitarrensaiten, Zahnbürstenborsten und natürlich in Damenstrumpfhosen: die Nylonfaser. Erfunden 1935, entstanden aus Kohle, Luft und Wasser. Heute heißt Nylon Polyamid 6.6 und ist auch in der Industrie nicht wegzudenken. „Das ist unser Wald-und-Wiesen-Kunststoff im Spritzguss“, erklärt Dr. Frauke Reinders. Die promovierte Chemieingenieurin gehört zu den nachhaltigen Köpfen bei Phoenix Contact in Blomberg. Ihre maßgeblichen Fragestellungen: Wie lassen sich Prozesse gerade im Hinblick auf die Nachhaltigkeit verbessern? Wie kann das Unternehmen Werkstoffe so gezielt einkaufen, dass der CO2-Fußabdruck möglichst klein bleibt?  

„Nachhaltige Köpfe“ – das sind Kolleginnen und Kollegen bei Phoenix Contact, die mit ihren Projekten einen wertvollen Beitrag für eine nachhaltige Wertschöpfungskette leisten. Sie alle haben das Ziel, den ökologischen Fußabdruck unseres Unternehmens zu minimieren und Energie und Ressourcen effizienter zu nutzen. In unserer neuen Reihe erzählen wir, was sie tun und was sie antreibt.

Die Verfahrenstechnikerin arbeitet seit 2017 in der Entwicklungsabteilung des internen Werkzeug- und Maschinenbaus von Phoenix Contact. Als Technologiemanagerin verantwortet sie Projekte rund um die Themen Kunststoffverarbeitung, Lasersintern und weitere Aktivitäten für nachhaltige Wertschöpfungsketten. „In meiner Gruppe arbeiten wir schon über ein Jahrzehnt daran, effizienter zu werden und neue und nachhaltigere Wege für unsere Produktion zu finden.“ 

Dr. Frauke Reinders ist ein erklärter Fan von Kunststoffen – und dieses so nachhaltig wie möglich. 

2020 hat Phoenix Contact 14.000 Tonnen Kunststoff verarbeitet, 10.000 Tonnen davon entfallen auf Polyamid 6.6. „Dieses Material lässt sich im Spritzguss sehr filigran und prozesssicher verarbeiten.“ So können Baugruppen immer kleiner werden, das spart wertvollen Platz im Schaltschrank. Doch so gut die Eigenschaften des Materials für die Elektroindustrie sind – es gibt natürlich Nachteile. Einer davon: Der CO2-Ausstoß ist mit sieben Kilogramm CO2 pro Kilo Kunststoff etwa doppelt so hoch wie bei anderen Kunststoffen. 

Klemmen sind kein Wegwerfprodukt 

„Natürlich denken wir darüber nach, wie wir die Bestandteile unserer Produkte im Kreislauf halten.“ Hier stelle sich aber die berechtigte Frage, welchen Effekt so ein Cradle-to-Cradle-Ansatz angesichts einer langen Lebensdauer der Produkte habe. „Unsere Reihenklemmen sind schließlich keine Wegwerfprodukte.“ Sie täten ihren Dienst im Schaltschrank über Jahrzehnte, so Frauke Reinders. Man müsse sich also fragen, wie aufwändig und energieintensiv das Recycling wäre. Und ob das noch umweltfreundlich sei. 

„Es ist mir ein persönliches Anliegen, aufzuklären und zu zeigen, dass Kunststoff keine größere Umweltsünde ist als andere Werkstoffklassen“, stellt die Ingenieurin heraus und ergänzt: „Es sind keine fünf Prozent, die vom weltweit geförderten Rohöl zu Kunststoffen weiterverarbeitet werden. Der größte Brocken wird direkt verbrannt und nur ein deutlich kleinerer Anteil geht in die Chemie. Hier stellt sich die Frage nach einem effektiven ‚Second Life‘ von Altplastik als Brennstoff – als Alternative zum Recycling, bei dem viel Energie verbraucht wird, die heute noch nicht zu 100% regenerativ ist.“ 

Alternativen Kunststoff testen 

Frauke Reinders rechnet nicht damit, dass die Branche in den nächsten Jahren vollständig auf mineralölbasierte Kunststoffe verzichten kann. Auch wenn sie selbst zusammen mit den unterschiedlichen Geschäftsbereichen von Phoenix Contact stetig auf der Suche nach alternativen Werkstoffen ist. „Noch ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis der aktuellen Kunststoffe zu gut. Alternativen sind noch zu teuer in der Herstellung und liefern nicht die gleiche Performance.“ 

Daher kann es aktuell nur darum gehen, die unterschiedlichen Kunststoffsorten so energieeffizient und klimafreundlich wie möglich einzukaufen und zu verarbeiten. Phoenix Contact nutzt bereits erste Kunststoffe auf Basis nachwachsender Rohstoffe. „Viele unserer Lieferanten arbeiten mit Hochdruck daran, ihr Portfolio auf nachhaltigere Kunststoffe umzustellen.“ Es gebe erste Ansätze für den Einsatz von Recyclingmaterial und Austauschstoffen. „Einer davon ist, Erdöl teilweise durch altes Frittenfett zu ersetzen, also einen Abfallstoff der Lebensmittelindustrie.“ 

Die Einsatzmöglichkeiten für Polyamid 6.6 im Spritzguss sind aufgrund der technischen Eigenschaften fast unbegrenzt. 

Überhaupt müssten wir lernen, unsere (Kunststoff-)Abfälle als Ausgangsmaterial für neue Produkte zu sehen. Hier erinnert Frauke Reinders an den Kunststoff Bois Durci, „gehärtetes Holz“. Entstanden im Paris des 19. Jahrhunderts aus zwei Abfallprodukten: Rinderblut und dem feinen Holzmehl aus der Möbelherstellung. „Hier sind aus Abfall neue wertige Produkte wie Schmuck oder Bilderrahmen entstanden. Und das Beispiel zeigt: Kunststoffe müssen nicht zwangsläufig erdölbasiert sein.“ 

Auf dem Weg zu einer nachhaltigeren Wertschöpfungskette gilt für Frauke Reinders aber auch bei der Verarbeitung von Kunststoffen: Es sind vor allem Prozessoptimierungen mit höherer Energieeffizienz, z.B. kürzere Zykluszeiten in der Spritzgießfertigung, die den größten Gewinn versprechen – für das Klima und das Unternehmen gleichermaßen.

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