Elektrische Gerätesicherheit: vom Drohnenabwehrgerät bis zum Bluetooth-Wasserhahn
Egal ob Geburtstag, Weihnachten oder einfach nur die Lust auf etwas Neues – wir alle kaufen regelmäßig neue Waren, darunter nicht selten elektrische Geräte. Doch sind diese sicher? Sind sie z. B. auf elektrischen Schlag, mögliche Brandrisiken und sonstige mechanische Gefahren beurteilt worden? Die elektrische Gerätesicherheit prüfen die Kollegen bei Phoenix Testlab.
Ein Airbag, der auslöst, wenn man das Radio einschaltet? Klingt gefährlich. Damit genau so etwas nicht passiert, prüft Phoenix Testlab die Produkte von morgen und zertifiziert sie für ihre Hersteller. Was man da prüfen kann und wie solche Prüfungen durchgeführt werden, erzählen wir euch in unserer Phoenix Testlab-Reihe.
Genauso vielseitig wie die Produkte selbst sind auch die anzuwendenden Normen und Prüfungen für Geräte aus dem täglichen Leben. Niemand möchte einen gefährlichen elektrischen Schlag bekommen oder sich an zu heißen Oberflächen von Geräten verbrennen. Und damit das nicht passiert, führen wir Prüfungen durch, die die elektrische Gerätesicherheit testen. Bei den Sicherheitsprüfungen gehen wir in das Gerät hinein, öffnen es, betrachten einzelne Bauteile und studieren Schaltpläne und Anleitungen.
Bis ins letzte Detail
Man sagt, „niemand liest die Anleitung“, aber für unsere Arbeit ist sie wichtig. Sind die notwendigen Informationen enthalten? Sind alle Symbole erklärt? Darf ich mir einen Kaffee machen gehen, während der Tempomat eingeschaltet ist? Kein Witz – diesen Fall gab es in den USA bei einem Wohnmobil.
Bevor die erste Prüfung starten kann, gilt es zuerst, aus der Flut an gelieferten Dokumenten die relevanten Informationen herauszufiltern. Was ist die maximale Betriebstemperatur, wie hoch ist die Betriebsspannung, was sind die ungünstigsten Betriebsbedingungen und wie wird das Gerät eingebaut oder montiert? In seltenen Fällen fällt der Prüfling hier schon das erste Mal durch.
Leistungsmessung und Temperaturprüfung
Zu Beginn führen wir meistens eine Leistungsmessung durch. Anschließend folgt die Temperaturprüfung. Vorab wird jedoch mit einer Wärmebildkamera eine Thermographie erstellt, um festzustellen, welche Bauteile warm werden. Anschließend werden diese Bauteile mit Temperaturfühlern bestückt, um die genaue Temperatur zu bestimmen. Darüber hinaus gibt es weitere normrelevante Punkte, an denen wir messen müssen, wie z. B. am Gehäuse oder an den Anschlussklemmen. Bei der Auswertung der Prüfung vergleichen wir die ermittelten Werte mit denen der Norm oder mit denen des Herstellers und bewerten sie. So darf beispielsweise laut der DIN EN 61010-1 bei einer Umgebungstemperatur von 40 °C eine äußere Metallfläche bis zu 65 °C warm werden, Kunststoff sogar bis zu 85 °C.
Hochspannungsprüfung
Bei der Hochspannungsprüfung werden Ein- und Ausgänge des Prüflings sowie das Gehäuse mit einer hohen Spannung belastet. Die Prüfspannung variiert von Prüfling zu Prüfling und wird anhand der Norm aufgrund von möglichen Transienten im Netz, Einsatzorthöhe (z. B. auf Meereshöhe oder auf der Zugspitze) und Frequenzen ermittelt. Prüfspannungen von 2000 V und mehr sind dabei keine Seltenheit.
Mechanische Prüfung
Mechanische Prüfungen kontrollieren, ob das Gerät ausreichend fest für die Anwendung ist oder ob es möglich ist, sich daran zu verletzen. Ein Sharp-Edge-Tester prüft beispielsweise, ob man sich schneiden kann. Eine andere mechanische Prüfung ist die Fallprüfung. Dabei lassen wir entweder das Gerät selbst oder eine 500 g schwere Kugel auf das Gerät fallen. Kunststoffgehäuse kühlen wir vorher noch auf die minimale Betriebstemperatur ab, da Kunststoff bei Minustemperaturen mitunter spröde wird. Anschließend schauen wir, ob dadurch nun z. B. gefährliche Teile berührbar sind. Darüber hinaus muss das Gehäuse Druck und Zugkräften standhalten.
Fehlerbetrieb
Das Highlight der Prüfung auf elektrische Gerätesicherheit ist meistens der Fehlerbetrieb. Hier bauen wir bewusst Fehler in das Gerät ein, decken Lüftungsöffnungen ab, blockieren Lüfter oder schließen Ausgänge kurz. Dann schauen wir, wie sich das Gerät verhält.
Die Dokumentation – das A und O
Die letzte große Hürde ist ein abschließender Blick über die mitgelieferte Dokumentation. Wie liegt die Dokumentation dem Endkunden vor, elektronisch oder in Papierform? Wenn das Gerät in anderen Ländern verkauft wird: Ist die Dokumentation in den entsprechenden Sprachen vorhanden? Gibt es in dem Zusammenhang nationale Abweichungen, die eingehalten werden müssen? Sind alle nötigen Kennzeichnungen auf dem Gerät vorhanden und sind sie beständig gegenüber einer Reinigung?
Erst wenn all diese Fragen positiv beantwortet und alle vorangegangenen Prüfungen bestanden sind, ist das Gerät mit der Norm konform und darf gewerblich verkauft werden. Grob geschätzt fällt etwa ein Drittel der Arbeitszeit auf die Prüfung an, den Rest der Zeit erstellen wir den Bericht oder prüfen die Dokumentation.
An Vielseitigkeit kaum zu übertreffen
Hier ein paar Beispiele für Prüflinge, die wir bereits getestet haben: Drohnenabwehrgerät, Alkoholtester, Autoschlüssel für namhafte deutsche Hersteller, Eisenbahnbremsen, Landebahnbeleuchtungen, Stellmotoren für Gas-Pipelines, Radaranlagen für Windräder, elektrische Anschlüsse für Kernkraftanlagen, Tablets, Autoradios, Zentrifugen, Dashboards für Motorräder, Lichttherapiegeräte, Krankenbettsteuerungen und vieles mehr.
In weiteren Beiträgen haben wir euch schon in die Labore EMV, Umwelt, Funk und Batterie mitgenommen. Schaut gern nochmal vorbei.
Aufgewachsen mit den Mythbusters, die regelmäßig Sachen gebaut, zerstört oder ausprobiert haben, kann ich mir heute keinen spannenderen Beruf vorstellen als den des Prüfingenieurs für elektrische Sicherheit. Seit nun mehr als sieben Jahren darf ich für Unternehmen Geräte auf Fehler testen, anzünden, fallen lassen oder schwere Kugeln drauf werfen. Durch Ihre Vielseitigkeit und Komplexität ist Langeweile ein Fremdwort. Auch privat begeistere ich mich für Technik. So verlasse ich bei der Fotografie gerne den Automatik-Modus oder baue mir selbst einen Quadrokopter zusammen.
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