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Eine Vertrauenskultur und gute Beziehungen zählen zu den Eckpfeilern agiler Führung. Im Einzelnen bedeutet das: Führungskräfte agieren im agilen Umfeld auf Augenhöhe mit ihren Mitarbeitenden. Die Grundvoraussetzung hierfür ist, sich zuhören und einander verstehen. Dafür gibt es nahezu unzählige Kommunikationsmodelle. Eine Konstante taucht dabei immer wieder auf: die fünf Wahrnehmungstypen.

Der Kommunikationsexperte und Berater für Sicherheitskultur und Arbeitsschutz Stefan Ganzke von WandelWerker Consulting erklärt, was es damit auf sich hat, wie sich die einzelnen Wahrnehmungstypen äußern und gibt Führungskräften praktische Tipps für eine nachhaltige Kommunikation. „Ich sehe, was du meinst“, „Das klingt gut“ oder „Ich habe ein gutes Gefühl bei dieser Sache“ – dieselbe Botschaft, drei Beschreibungen. 

Diese sind vor allem abhängig davon, wie Menschen ihre Umwelt und ihre Umgebung wahrnehmen. Die Sinneseindrücke geben vor, welche Bilder in der persönlichen Ausdrucksweise verwendet werden. Das ist bei jedem unterschiedlich. Uns allen ist gemeinsam, wir nehmen die Welt vor allem visuell (Sehen), auditiv (Hören) und kinästhetisch (Fühlen) wahr. 

Dazu gesellen sich dann noch der gustatorische (Schmecken) und olfaktorische (Riechen) Sinn. „Die fünf Sinneskanäle bestimmen, wie wir Informationen aufnehmen und verstehen“, erklärt Stefan Ganzke. Für gewöhnlich ist ein Sinn dominanter und weitere eher schwächer ausgeprägt. Jeder Mensch ist daher nicht nur ein Wahrnehmungstyp, sondern es gibt immer Mischformen. Was bedeutet das nun für die Kommunikation mit diesen Wahrnehmungstypen?

Besser verstehen und verstanden werden

Jeder Mensch hat durch seinen Wahrnehmungstypus also einen anderen „Filter“ oder andere „Antennen“, um seine oder ihre Welt wahrzunehmen. Je nachdem, welche Antenne stärker ausgeprägt ist, werden die jeweiligen Informationen unterschiedlich verarbeitet und aufgenommen. Die Sprache, die verwendet wird, kann Aufschluss darüber geben, welcher Wahrnehmungstyp uns im Gespräch gegenübersitzt oder -steht.

Dieses Verständnis wird für Führungskräfte immer wichtiger. Denn in agilen Setups – kleinen, eigenständig und eigenverantwortlich arbeitenden Gruppen – wird Kommunikation zum wichtigen Faktor für den gemeinsamen Teamerfolg. Stefan Ganzke bringt es auf den Punkt „Wer seine eigene Sprache und die der Mitarbeitenden kennt, ist auf dem Weg, ein Topkommunikator zu werden.“

Stefan Ganzke ist Kommunikationsexperte und Berater

Stefan Ganzke erklärt: „Indem ich meinem Gegenüber aktiv zuhöre und seine Sprache kenne, kann ich meinen Gesprächspartner besser erreichen.“ Das Wissen um den jeweiligen Wahrnehmungstypen verbessert die gemeinsame Kommunikation. Diese verläuft zukünftig „konfliktärmer, erfolgreicher und lösungsorientierter.“ 

Mit der Wahl der richtigen Sprache, so Ganzke weiter, steige die Wahrscheinlichkeit, dass die Information ins Bewusstsein oder Unterbewusstsein der Wahrnehmungstypen vordringt. „Mitarbeitende hören so eher zu, als wenn wir in unserer eigenen Sprache verharren. Ich muss mich darauf einlassen, welche Sprache mein Gegenüber präferiert“, betont Ganzke.

Die fünf Sprachen der Wahrnehmungstypen

Visuelle Typen sind am häufigsten ausgeprägt. Rund 40 Prozent der Menschen entsprechen diesem Charakter. Sie nehmen zuerst Bewegung, Form und Farbe auf. In ihrer Sprache schlägt sich das laut Ganzke in Wortbildern wie diesen nieder „Hellster Sonnenschein“ oder „Da sehe ich schwarz.“ Die Wörter und Formulierungen weisen auf sichtbare Dinge hin. Sie verarbeiten Informationen in Bildern.

Auditive Typen sind sehr sensibel dafür, wie sich etwas anhört. Sie achten genau auf Tonfall und Nuancen, können Gesprächen gut folgen und drücken sich gern gewählt aus. Sie benutzen überdurchschnittlich oft Wörter und Ausdrücke, die auf Klang hinweisen. Statt zu sagen: „Das Auto hat gebremst“, umschreiben sie die Situation etwa wie „… mit quietschenden Reifen“.

Kinästhetische Typen nehmen Informationen bevorzugt über Gefühle auf. Sie sprechen langsam und bedächtig. Sie hören in sich hinein, bevor sie sich äußern. Diese Personen sagen zum Beispiel: „Ich fühle mich nicht wohl“ oder „Da läuft es mir kalt den Rücken runter“. Die von ihnen gewählten Wörter deuten vermehrt auf Empfindungen, Bewegungen oder Fühlbares hin.

Gustatorische und olfaktorische Typen sind weniger stark vertreten. Gustatorische Typen verwenden das Schmecken zur Vermittlung von Informationen: „Das schlägt mir auf den Magen“ oder „Das schmeckt mir gar nicht, wie du mit mir sprichst“. Olfaktorische Typen nutzen das Riechen. Eine klassische Aussage könnte lauten: „Das stinkt mir bis zum Himmel.“

Mit fünf Tipps zur verbesserten Kommunikation

Es lohnt sich, den Blick für das sinnesspezifische Vokabular des Gesprächspartners oder der Gesprächspartnerin zu schulen. Mit diesen fünf praktischen Tipps verbessert sich die gemeinsame Kommunikation nachhaltig:

1.     Sich Zeit nehmen: Einzelgespräche bieten eine gute Möglichkeit, sich besser kennenzulernen. „Damit kommt der Sinneskanal meines Gesprächspartners eher zum Vorschein und ich kann mich entsprechend daran anpassen.“ Wenn ich mein Gegenüber gut kenne, weiß ich auch, was für ein Wahrnehmungstyp das ist.

2.     Erkennungszeichen notieren: Hilfreich ist es auch, Worte, die für die einzelnen Wahrnehmungstypen stehen, auf einem Zettel zu notieren. „Damit erhalte ich ein Gespür für den Sprachgebrauch der Wahrnehmungstypen.“  

3.     Bunter Blumenstrauß: Vor größeren Gruppen rät Ganzke, bewusst in unterschiedlichen Redewendungen der jeweiligen Typen zu sprechen: „Dadurch spreche ich jede Person ein bisschen an und hole sie alle ab.“  

4.     Wie wirke ich auf andere?: Einfach vor den Spiegel stellen, die Sätze laut aussprechen und sich dabei beobachten. So entwickelt man ein Gespür dafür, wie man selber wirkt. Der eigene Wahrnehmungstyp tritt in Erscheinung – garantiert mit Aha-Effekt!

5.     Aktives Zuhören: Zuhören ist ein zentraler Aspekt. Dafür brauche es allerdings ein wenig Zeit, so Ganzke. Aktives Zuhören sei vor allem eine Frage der Übung: „Um eine neue Gewohnheit zu integrieren, dauert es im Durchschnitt 60 Tage.“ Also: üben, üben, üben…

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