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Eigentlich lebe und arbeite ich im Personalbereich bei Phoenix Contact Power Supplies am Standort in Paderborn. Heute möchte ich aber nicht von meiner Arbeit dort berichten, sondern einen Einblick in ein Projekt geben, das mich im Sinne meiner Work-Life-Balance beschäftigt und begeistert.

Als ich im Jahr 2008 in das kleine ostafrikanische Land Ruanda reiste, um dort für einige Wochen in einem sozialen Projekt Lehmhütten für Waisenjungen zu bauen, die ihre Eltern im Grauens des Völkermords der 1990er Jahre verloren hatten, wusste ich noch nicht, dass dieser Aufenthalt mein Leben verändern würde. Zurück in Deutschland begann ich, von meinen Erfahrungen zu berichten und Spenden zu sammeln. Inzwischen koordiniere ich in meiner Freizeit in Zusammenarbeit mit dem ruandischen Kolpingwerk Projekte unter dem Leitsatz „Hilfe zur Selbsthilfe“. In regelmäßigen Abständen verwende ich meinen Jahresurlaub, um diese Projekte zu besuchen und mir einen eigenen Eindruck von der Lage vor Ort zu bilden.

Einen kleinen Einblick in meine Arbeit möchte ich den Lesern hier mit einem Auszug aus meinem letzten Reisebericht geben:

Endlich wieder in Ruanda! Wir werden herzlich von meiner Projektpartnerin Dancille begrüßt. Das erste Ziel unserer Reise durch die Projektdörfer ist ein Kuhzuchtprojekt im Dorf Mwange. Mit Spendengeldern wurde eine Herde Milchkühe gekauft, die auf die Familien verteilt wurden. Die Kühe schaffen eine neue Lebensgrundlage: Die Kinder erhalten über die tägliche Portion Milch lebensnotwendiges Kalzium und Proteine. Die Kuh wird als Geschenk Gottes für die Gemeinschaft gesehen, von der alle profitieren sollen. Deshalb ist es Pflicht, auch die unterernährten Kinder aus der Nachbarschaft mit Milch zu versorgen. Durch das Teilen der Milch entsteht auch kein Neid in der Nachbarschaft und die Gemeinschaft wird gestärkt. Vom Verkauf der übrigen Milch können die Familien zudem ein kleines Einkommen erwirtschaften. Doch nicht nur die Milch der Kühe, auch der Dung wird für die Felder genutzt. Die Ernteerträge werden immens gesteigert. Alle Familienmitglieder werden zunächst für den Umgang mit der Kuh geschult, bauen selbst Ställe und beginnen dann mit der Zucht. Die ersten beiden Kälber werden jeweils an die nächsten Familien weitergegeben, so dass am Ende jede Familie eine Kuh besitzt.

Wir erklimmen Hügel um Hügel, um die verschiedenen Kühe in den Familien zu besuchen. Bei jeder Kuh, die wir besuchen, kehren wir für ein Dankesgebet in die Lehmhütte der Besitzer ein. Die Hütten sind sehr spartanisch eingerichtet: Einige Sitzgelegenheiten, Heiligenbilder an der Wand, Betten. Manchmal gibt es noch einen Schrank, um die wenigen Habseligkeiten aufzubewahren. Gekocht wird in der separaten Kochhütte über offenem Feuer.

An diesem Tag erreichen wir erst abends unsere Unterkunft. Die Höflichkeit gebietet es uns, mit den Priestern des Dorfes den Abend zu verbringen. Sie freuen sich über Besuch aus Europa und, obwohl uns die Augen zufallen, beteiligen wir uns am Gespräch, bis wir endlich weit nach Mitternacht ins Bett gehen können. Ich finde nach den Erlebnissen des Tages nicht recht in den Schlaf und so wird es eine kurze Nacht – der Wecker klingelt bereits um 5:30 Uhr. Wir waschen uns mit eiskaltem Wasser und nach Frühmesse und Frühstück brechen wir zum nächsten Projektdorf auf.

In dem Dorf Kinoni ist die Armut der Menschen unbeschreiblich. Die zahllosen Kinder sind stark unterernährt – die Bäuche vom Hungerödem stark geschwollen – fast alle sind erkältet und haben Ekzeme. Obwohl es empfindlich kühl ist, laufen sie barfuß und tragen Kleiderfetzen. Ich habe Tränen in den Augen, als ein Kleinkind ganz unterkühlt auf uns zu stolpert. Es trägt nur ein dünnes Hemdchen, das vom Rotz, der ihm aus der Nase läuft, schon völlig durchnässt ist. Wir haben für die Familien hier Ziegen gekauft. Wie bei den Kuhzuchtprojekten nutzen sie den Dung für die Felder und züchten mit den Ziegen. Der Verkauf der jungen Zicklein bildet die Grundlage für Investitionen.

Die zwei Wochen vergehen wie im Flug – schon bald heißt es Abschied nehmen. Acht Freunde haben sich am Flughafen eingefunden, um uns zu verabschieden. Wir umarmen uns fest. „Anna, wann kommst du wieder?“ Ich lächele. „Ganz bald. Ich kann mir doch gar nicht mehr ein Leben ohne euch vorstellen!“

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